Lehrerverband: Mehr Mittel für Brückenklassen nötig | FLZ.de

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Veröffentlicht am 24.11.2022 10:37

Lehrerverband: Mehr Mittel für Brückenklassen nötig

Ein Lehrer steht im Unterricht an der Tafel. (Foto: Marijan Murat/dpa/Symbolbild)
Ein Lehrer steht im Unterricht an der Tafel. (Foto: Marijan Murat/dpa/Symbolbild)
Ein Lehrer steht im Unterricht an der Tafel. (Foto: Marijan Murat/dpa/Symbolbild)

Die Brückenklassen für ukrainische Schülerinnen und Schüler sind nach Einschätzung von Lehrkräften durchaus ein gutes Modell - doch mangelt es an den nötigen Mitteln. „Wir sind Experten in unseren Fächern. Im Regelfall sind wir aber keine Dolmetscher für Ukrainisch oder Russisch, wir sind auch keine Traumaexperten, und unser Zeitkontingent gewährt es auch nicht, psychosoziale Unterstützung im Einzelfall zu leisten“, sagte der Vorsitzende des Bayerischen Philologenverbands, Michael Schwägerl, am Donnerstag in München. „Wir brauchen zusätzliches Personal zum Organisieren, Verwalten, Auffangen, Betreuen, Begleiten.“

Die Kinder benötigten mehr therapeutische oder sozialpädagogische Unterstützung in ihrer Muttersprache, ergänzte Dorothee Missy, die am Gymnasium im oberbayerischen Mering Lehrerin einer Brückenklasse ist. Außerdem werde Geld für Dolmetscher etwa für Elternabende benötigt. „Und ganz, ganz wichtig: Wir brauchen kleine Brückenklassen“, betonte Missy. Klassen mit mehr als 15 Kindern seien nicht zielführend.

Tatsächlich aber sitzen in mehr als einem Drittel (37 Prozent) der Brückenklassen mindestens 16 Schülerinnen und Schüler. Bei 41 weiteren Prozent sind es 11 bis 15, wie eine Umfrage des Philologenverbands unter mehr als 3200 Lehrkräften an Gymnasien und Beruflichen Oberschulen ergeben hatte.

„Die Brückenklassen sind keine normalen Deutschlernklassen“, betonte Missy. Mangelnde Motivation, Abgrenzung, Aggression, Respektlosigkeit, Regelbrüche und andere Disziplinprobleme als Reaktion auf die Belastungssituation seien gerade bei den Jüngeren alltäglich. „Außerdem haben wir eine große Heterogenität mit Blick auf Leistungsstand, Motivation und Leistungsbereitschaft.“

Die Geflüchteten bleiben auch nach Monaten noch oft unter sich: Mehr als die Hälfte der Lehrenden (54 Prozent) bewertet die Integration der ukrainischen Kinder und Jugendlichen in die jeweilige Schule als eher schlecht, 22 Prozent gar als eindeutig schlecht. Hinzu kommt, dass vier Fünftel der Geflüchteten zumindest teilweise auch am ukrainischen Onlineunterricht teilnehmen - der von den Kindern ebenfalls seinen Tribut fordert.

In den eigens eingerichteten Brückenklassen bekommen die ukrainischen Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen fünf bis neun neben Mathe- und Englischunterricht vor allem intensiven Deutschunterricht. Das Ziel ist, am Regelunterricht teilnehmen zu können. Dass dies wie geplant zum Ende des Schuljahres im großen Stil passieren kann, sieht Schwägerl jedoch nicht. Er rechne damit, dass nur eine niedrige einstelle Prozentzahl im Herbst ins bayerische Regelschulsystem wechseln wird. „Wir gehen davon aus und halten es auch für sinnvoll, die Brückenklassen im nächsten Jahr fortzusetzen.“

Zumindest für einige Jugendliche könnte daher eine Initiative aus München zur Alternative werden: Mehr als 50 junge Geflüchtete können an der „SchlaU“-Schule ein ukrainisches Abschlussdiplom erlangen. Die Schule habe die Schülerinnen und Schüler im vergangenen Monat beim ukrainischen Kultusministerium für einen Abschluss im Sommer 2023 angemeldet, teilte der Gründer und Vorstand der Münchner Ergänzungsschule, Michael Stenger, mit. Der Unterricht folge einem speziellen Lehrplan, der die Anforderungen des ukrainischen Kultusministeriums erfülle. Darüber hinaus gibt es auch Deutschunterricht, damit den Jugendlichen auch hierzulande eine Zukunft offen steht.

© dpa-infocom, dpa:221124-99-644294/3

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