Beim Reisen über mehrere Zeitzonen hinweg ist er eine unangenehme Begleiterscheinung: der Jetlag. Seine Erkennungsmerkmale: Man ist müde, platt, unkonzentriert. Mitunter fühlt es sich fast so an, als wäre man etwas verkatert.
„Von Jetlag spricht man dann, wenn der Körper nach einer Zeitverschiebung keinen natürlichen Schlaf-wach-Rhythmus findet“, erklärt die Schlafmedizinerin Prof. Kneginja Richter. Das zeigt sich an solchen Symptomen wie dem Hangover-Effekt. Was hilft? Die Expertin hat im Interview ein paar Ratschläge.
Kneginja Richter: Das hängt wesentlich vom Chronotypen des Menschen ab. Für Spätaufsteher, die nachts aktiv sind - die sogenannten Eulen - ist der Flug nach Westen ein bisschen leichter zu verkraften als der Flug nach Osten. Für morgens aktive Frühaufsteher - die Lerchen - ist der Flug nach Osten wiederum ein bisschen leichter zu verkraften als der Flug nach Westen.
Weil Eulen von Natur aus einen verschobenen Schlaf-wach-Rhythmus haben, kommt es bei ihnen zu einem Re-Setting, wenn sie in Richtung Westen fliegen. Umgekehrt ertragen es die Lerchen leichter, in die Zukunft durch die Zeit zu fliegen, also gen Osten.
Richter: Das kann hilfreich sein. Wenn ich weiß, dass ich bald in die USA oder nach Japan fliege, fange ich idealerweise eine Woche vorher an, den Rhythmus leicht anzupassen.
Fliegt man etwa nach Japan, geht man etwas früher ins Bett und steht etwas früher auf, fliegt man in die USA, geht man etwas später ins Bett und steht etwas später auf.
Es geht dabei um Regelmäßigkeit, nicht um die Steigerung - denn allzu außergewöhnliche Bettgehzeiten sind für den Körper Stress. Man sollte den Körper bei dieser Vorbereitung auf die Reise also nicht zu sehr aus dem Rhythmus bringen.
Einige Tage lang vor der Reise eine halbe oder eine Stunde eher oder später schlafen zu gehen und früh dann entsprechend eher oder später aufzustehen, kann aber Sinn machen, um sich schon etwas an die Zeit im Reiseland anzupassen. Um dabei besser in den Schlaf zu finden, kann die Einnahme von Melatonin helfen.
Richter: Man sollte lieber sofort an die neue Zeitzone adaptieren und über den Tag die Müdigkeit aushalten. Ausnahme: Man kann sich 20 bis maximal 30 Minuten einen Nap erlauben - mit Wecker! Denn wenn man keinen Wecker stellt und aus dem Nap wird ein Zwei- bis Drei-Stunden-Schlaf, ist das ein No-Go.
Mein Rat: Am Zielort tagsüber so viel wie möglich Licht bekommen und abends, wenn es Schlafenszeit ist, das Zimmer absolut abdunkeln. Am besten fragt man im Hotel nach einem möglichst ruhig gelegenen Zimmer. Und: unbedingt eine Schlafmaske einpacken.
ZUR PERSON: Prof. Kneginja Richter ist Chefärztin der CuraMed-Tagesklinik in Nürnberg und lehrt an der Technischen Hochschule Nürnberg. Sie ist Sprecherin des Wissenschaftlichen Komitees und der Arbeitsgemeinschaft Chronobiologie der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM).
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