Großbritannien fällt aus Top Ten der Handelspartner | FLZ.de

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Veröffentlicht am 04.12.2022 07:57

Großbritannien fällt aus Top Ten der Handelspartner

Gwynt y Mor von RWE, der zweitgrößte Offshore-Windpark der Welt, liegt acht Meilen (etwa 13 Kilometer) vor der Küste von Nordwales in der Liverpool Bay. (Foto: Ben Birchall/PA Wire/dpa)
Gwynt y Mor von RWE, der zweitgrößte Offshore-Windpark der Welt, liegt acht Meilen (etwa 13 Kilometer) vor der Küste von Nordwales in der Liverpool Bay. (Foto: Ben Birchall/PA Wire/dpa)
Gwynt y Mor von RWE, der zweitgrößte Offshore-Windpark der Welt, liegt acht Meilen (etwa 13 Kilometer) vor der Küste von Nordwales in der Liverpool Bay. (Foto: Ben Birchall/PA Wire/dpa)

Großbritannien verliert als Handelspartner für Deutschland nach dem Brexit zunehmend an Bedeutung. In diesem Jahr wird das Vereinigte Königreich erstmals in der jüngeren Geschichte aus den Top Ten der deutschen Handelspartner fallen. Das geht aus einer Analyse der bundeseigenen Gesellschaft Germany Trade and Invest (GTAI) hervor, die der Deutschen Presse-Agentur in London vorliegt.

Zwar wuchs der kalender- und saisonbereinigte Warenaustausch zwischen Januar und Oktober vor allem inflationsbedingt um 13,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Der gesamte deutsche Außenhandel mit Waren legte allerdings im gleichen Zeitraum um 20,7 Prozent zu. Zuletzt hatte auch Tschechien Großbritannien in der Rangliste der wichtigsten Handelspartner überholt. Der Vorsprung sei „signifikant und im November und Dezember kaum aufzuholen“, kommentierte GTAI.

Bedeutung des Königreichs sinkt kontinuierlich

„Die langsame Entwicklung im deutsch-britischen Außenhandel ist kein neuer Trend“, betont der Bericht. Seit 2017 - dem ersten vollen Jahr nach dem Brexit-Referendum - sinkt die Bedeutung des Königreichs kontinuierlich. Damals lag es noch auf Platz fünf der wichtigsten Außenhandelspartner.

Zum Brexit kamen weitere Gründe hinzu. „Sowohl die Coronavirus-Pandemie, die energiepreisgetriebene Inflation als auch die geldpolitische Wende der Bank of England haben den britischen Wirtschaftsmotor aus dem Takt gebracht“, hieß es. „Die Folgen des Brexits verstärken den Effekt, weil der Handel über die Zollgrenze teurer geworden ist“, so die GTAI. Weiterhin herrsche Unsicherheit. „Auch knapp drei Jahre nach dem britischen EU-Austritt bleibt der wirtschaftspolitische post-Brexit-Kurs des Landes unklar und verunsichert britische Unternehmen.“

Schwierigkeiten seit dem Brexit

Großbritannien hatte Ende Januar 2020 die Europäische Union verlassen und ist seit Januar 2021 auch nicht mehr Mitglied der EU-Zollunion und des -Binnenmarkts. Zwar sichert der im letzten Moment vereinbarte Brexit-Handelsvertrag in den meisten Bereichen Zollfreiheit. Dennoch kommt es wegen gestiegener bürokratischer Anforderungen zu Schwierigkeiten im Handel. Die Einführung von teuren und aufwendigen Arbeitsvisa für Fachkräfte erschwert zudem die Zusammenarbeit.

Auch der Ausblick auf 2023 macht laut GTAI wenig Hoffnung, zumal Großbritannien nach Einschätzung der Zentralbank in eine lange Rezession steuert und Unternehmen noch zögerlicher investieren dürften. Das trifft die Lieferung von Fahrzeugen, Industriemaschinen und chemischen Erzeugnissen, wo Deutschland zu den wichtigsten Lieferanten zählt. „Angesichts der bevorstehenden Rezession, steigender Finanzierungskosten und einer Anhebung der britischen Körperschaftssteuer von 19 auf 25 Prozent im April 2023 ist keine Trendwende in Sicht“, stellt der Bericht fest.

Hoffnung liegt auf Handel mit E-Autos

Für deutsche Unternehmen interessant seien vor allem einige kleinere Branchen, die sich trotz der Wirtschaftsprobleme deutlich stärker entwickelt haben. Dazu zählten das Gesundheitswesen, die Offshore-Windenergie und der Infrastrukturbau. Gemischte Signale stellt die GTAI bei der wichtigen Automobilindustrie fest, dem wichtigsten Pfeiler des deutsch-britischen Handels. Sollte der britische Pkw-Markt tatsächlich 2023 deutlich zulegen, könnte dies eine Trendwende bedeuten, hieß es. Wichtiger Treiber sind E-Autos, von 2030 an soll der Neuwagen-Verkauf klassischer Verbrenner verboten werden. Hier sei die Frage, ob Großbritannien rechtzeitig ausreichend sogenannte Gigafactorys für die Batterieherstellung bauen könne.

© dpa-infocom, dpa:221204-99-772060/3

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