Eurobike zeigt Vielfalt des Fahrrads | FLZ.de

arrow_back_rounded
Lesefortschritt
Veröffentlicht am 12.07.2022 17:55

Eurobike zeigt Vielfalt des Fahrrads

Klingelingeling: Die Klingel des Hersteller Airbell lässt sich mit dem Smartphone orten. (Foto: Kay Tkatzik/www.pd-f.de/dpa-tmn)
Klingelingeling: Die Klingel des Hersteller Airbell lässt sich mit dem Smartphone orten. (Foto: Kay Tkatzik/www.pd-f.de/dpa-tmn)
Klingelingeling: Die Klingel des Hersteller Airbell lässt sich mit dem Smartphone orten. (Foto: Kay Tkatzik/www.pd-f.de/dpa-tmn)

Für die schönen Worte ist zum Auftakt der Fahrradmesse Eurobike ein Manager des US-Herstellers Specialized verantwortlich: „Wir alle sind in einem Sonnenaufgangs-Geschäft tätig“, sagte Bob Margevicius und spannt den Bogen: Das Fahrrad schaffe Spaß, schenke Lächeln, sei klimafreundlich und werde ganz nebenbei viele Transportprobleme dieser Welt lösen.

Die Eurobike bietet einen umfassenden Überblick über die vielfältige Fahrradwelt. Nach dem Umzug von Friedrichshafen findet die Messe dieses Jahr vom 13. bis zum 17. Juli erstmals in Frankfurt statt. Speziell an Privatbesucher richten sich die Festival Days am Samstag und Sonntag (16. und 17. Juli).

Rund 1500 Aussteller zeigen Neues aus der Zweiradwelt

Die Spannbreite der rund 1500 Aussteller ist enorm. Was technisch geht, belegt zum Beispiel das Elektro-Bike ST7 des Schweizer Herstellers Stromer: Eine acht Kilogramm schwere Batterie mit rund 1500 Wattstunden, elektronische Pinion-Getriebeschaltung und ein mit den Bremsen gekoppeltes Bremslicht an der Helmrückseite. Das sind nur einige Features, für die Käufer weit über 10 000 Euro hinblättern müssen.

Die bis zu 45 km/h schnellen E-Bikes seien vor allem bei Schweizer Pendlern auf etwas längeren Strecken beliebt, berichtet das Unternehmen. Auf deutschen Straßen bräuchten die Fahrrad-Boliden eine Moped-Zulassung mit Versicherungsschild - und dürften auch nicht auf dem Radweg fahren.

Wie ein Büffel - einfach und hart im Nehmen

Fast direkt neben dem ST7 steht schwarz und schlicht das Buffalo-Fahrrad - ohne Motor, ohne Elektronik, überhaupt fast ohne Dinge, die kaputt gehen könnten. Das Einfach-Rad entspringt einem Entwicklungsprojekt soll nicht weniger als die Welt verändern.

Denn es kann bis zu 100 Kilogramm Ladung transportieren, widrigsten Umständen standhalten und ist dazu auch noch günstig: Eine Spende von 147 Euro reicht derzeit, um ein Buffalo zu finanzieren und die Lebensumstände vom Menschen in den armen Regionen der Welt nachhaltig zu verbessern. Rund 656 000 Büffel rollen bereits.

An vielen Ständen geht es um die weitere Elektrifizierung des Zweirads, die inzwischen auch vor den letzten sportlichen Nischen nicht mehr halt macht. Und es geht um Daten.

Das Fahrrad vernetzt sich immer weiter

Das Fahrrad werde immer weiter in die digitale Welt eingebunden, erklärt Thomas Geisler vom Pressedienst-Fahrrad (pd-f). Die digitalen Schnittstellen böten neue Möglichkeiten bei den E-Bikes. „Man kann das Display mit dem Smartphone vernetzen, dadurch mehr Daten erfassen und auch mehr über sich selber erfahren“, sagt der Radexperte.

Was bei Sportlern schon seit Jahren üblich ist, soll nun auch die Alltagsradler erreichen. In Kombination mit Gesundheitsdaten wie zum Beispiel der Herzfrequenz ergeben sich tiefere Analysemöglichkeiten. Soziale Netzwerke wie Facebook oder das Fitness-Portal Strava werden immer wichtiger. „So erschafft man ein großes digitales Fahrraderlebnis“, sagt Geisler.

Individualisierung ist möglich - aber kein Muss

Ob man Teil des digitalen Booms werden möchte, bleibt dem Endkunden aber immer noch selbst überlassen. Die digitalisierten Komponenten bieten zunehmend Möglichkeiten zur Individualisierung. „Das Schöne ist, die Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer haben immer noch die Möglichkeit zu entscheiden, ob sie es möchten oder nicht“, sagt Angela Bieli, Marketingleiterin beim Zulieferer Biketec. „Aber wer genau das möchte, hat megaviele Funktionen.“

Im sportlichen Radsegment herrscht derzeit ein großer Trend vor: die sogenannten Gravel-Bikes. Diese Räder seien aufgrund ihrer Rennrad-Geometrie sowohl auf Asphalt als auch im Gelände fahrbar, sagt Gunnar Fehlau vom pd-f. Während viele Hersteller ihre Räder auf eine Anwendung optimieren, deckt etwa das Salsa Warbird-Modell von Cosmic Sports gleich mehrere Bereiche ab. So soll man mit dem rund 5000 Euro teuren E-Bike „mit leichtem Gepäck auf schwerem Gelände auf Touren“ gehen können.

Den Nachwuchs sicher einbremsen - per Fernbedienung

Kinderfahrzeugspezialist Puky will für mehr Sicherheit bei den Jüngeren sorgen und stellt mit dem Mystopy den ersten funkgesteuerten Bremsassistenten für Kinderlaufräder vor.

Die Montage des rund 65 Euro teuren Geräts ist kinderleicht und wird direkt unterm Sattel montiert. Flitzt das Kind zu schnell von dannen oder schätzt den Bremsweg falsch ein, bremst die Aufsichtsperson per Knopfdruck am Armband das Laufrad ab. Durch das kontrollierte Eingreifen lerne das Kind mit der Zeit, Gefahrensituationen besser einzuschätzen, so der Hersteller.

Auch auf dem Zubehörmarkt weitet sich das Angebot immer weiter aus. Hundeanhänger ab 920 Euro kommen vom Spezialisten Croozer aus Köln. Immer neue, meist wasserdichte Taschen können an verschiedenen Stellen des Rahmens fixiert werden, so dass die Biker auch auf kleineren Touren auf nichts verzichten müssen.

Grünes Gewissen als Verkaufsargument

Nachhaltigkeit spielt beim umweltbewussten Rad-Publikum eine große Rolle und dient auch als Verkaufsargument. Reifenhersteller Schwalbe hat nach eigenen Angaben als erster Fahrradreifenproduzent einen ganzheitlichen Reifenrecyclingprozess entwickelt.

Bei dem könnten bis zu 80 Prozent der CO2-Emissionen eingespart werden. Zusammen mit den Kooperationspartnern von Pyrum Innovations und der TH Köln werden hierfür Altreifen gesammelt, zerkleinert und für neue Produkte von Schwalbe verwendet.

Zu besichtigen ist auf der Messe in erster Linie der weitere Siegeszug der elektrischen Antriebe. Der europäische Zuliefer-Platzhirsch Bosch baut zudem sein Angebot an Assistenzsystemen immer weiter aus.

Ging es bislang vor allem um dem Motor und die Steuerungselektronik, haben die Stuttgarter inzwischen Technologien aus dem Motorradbereich auf die leichteren Fahrräder übertragen: Ihr neues, modifiziertes Antiblockiersystem (ABS) verhindert demnach das Abheben des Hinterrads (Stoppie) und einen möglichen Überschlag bei einer starken Bremsung.

Die Freude am teuren Fahrrad will man nicht mit jedem teilen

Mit dem steigenden Wert der Bikes, von denen viele leicht auf 5000 Euro und mehr kommen, steigen auch die Anforderungen an den Diebstahlschutz. Ein neues Schloss von Abus erinnert an ein Paar Handschellen. Es besteht aus zwei individuell verschließbaren Krallen, die mit einer starken Kette miteinander verbunden sind.

Bosch hat eine Alarmfunktion im Angebot und kann nach einem Diebstahl das gestohlene Fahrrad orten. Das lässt sich auch ganz einfach mit einer Klingel des Herstellers Airbell lösen, die einen Apple-Airtag-Transponder eingebaut hat und so weltweit mit dem Smartphone ortbar ist.

© dpa-infocom, dpa:220712-99-997676/2

north