Erneut deutliche Zinserhöhung der US-Notenbank Fed erwartet | FLZ.de

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Veröffentlicht am 02.11.2022 04:02

Erneut deutliche Zinserhöhung der US-Notenbank Fed erwartet

Jerome Powell, Chef der US-Notenbank. (Foto: Jacquelyn Martin/AP/dpa)
Jerome Powell, Chef der US-Notenbank. (Foto: Jacquelyn Martin/AP/dpa)
Jerome Powell, Chef der US-Notenbank. (Foto: Jacquelyn Martin/AP/dpa)

Die US-Notenbank Fed steht im Kampf gegen die hohe Inflationsrate vor einer erneuten kräftigen Erhöhung des Leitzinses. Die Entscheidung zum weiteren Kurs der Geldpolitik der Federal Reserve (Fed) wird heute bekanntgegeben.

Erwartet wird eine erneute Leitzinserhöhung um 0,75 Prozentpunkte auf eine Spanne von dann 3,75 bis 4,00 Prozent. Es wäre die vierte Anhebung um 0,75 Prozentpunkte in Folge und die sechste Zinserhöhung in diesem Jahr. Gewöhnlich zieht es die Fed vor, den Leitzins in Schritten von 0,25 Prozentpunkten anzuheben.

Werte über Markt-Erwartungen

Der Druck auf die Notenbank ist groß: Die US-Inflation ist weiterhin hoch. Daten aus dem Oktober zufolge geht die Teuerungsrate nur leicht zurück. Gegenüber dem Vorjahresmonat stiegen die Verbraucherpreise im September um 8,2 Prozent. Die Kerninflation, die die schwankenden Energie- und Lebensmittelpreise außen vor lässt, stieg sogar von 6,3 auf 6,6 Prozent. Beide Werte lagen über den Erwartungen des Marktes und zwingen die Notenbank zum Handeln. Die Inflation im Zaum zu halten, ist die klassische Aufgabe der Notenbanken.

Mit Blick auf die wichtigen US-Zwischenwahlen am 8. November sind die hohen Verbraucherpreise auch eine enorme Belastung für US-Präsident Joe Biden und seine Demokraten. Bei den Wahlen könnten die Demokraten ihre ohnehin schon knappe Mehrheit im US-Kongress verlieren. Umfragen zeigen, dass das Thema Inflation die Menschen im Land besonders beschäftigt. Den Befragungen nach sehen viele Wählerinnen und Wähler die Republikaner bei der Wirtschaftskompetenz vorn. Diese prangern im Wahlkampf die hohe Inflation an, für die sie die Demokraten verantwortlich machen, während sie auch eine Folge des russischen Angriffskrieges ist.

Sorge um Rezession in den USA

Gleichzeitig wächst mit der strengen Geldpolitik das Risiko, dass die Zentralbank die Wirtschaft bald so stark ausbremst, dass Arbeitsmarkt und Konjunktur abgewürgt werden. Denn steigen die Zinsen, müssen Bürgerinnen, Bürger und Wirtschaft mehr Geld für Kredite ausgeben - oder sie leihen sich weniger Geld. Das Wachstum nimmt folglich ab, Unternehmen können höhere Preise nicht mehr einfach weitergeben und idealerweise sinkt die Inflation. Einige fürchten allerdings, dass es die Fed übertreibt - und die größte Volkswirtschaft der Welt in eine Rezession steuert.

Die US-Notenbank hat den soliden Arbeitsmarkt stets als Argument gegen das Abgleiten der Wirtschaft in eine tiefe Rezession angeführt. Viele Unternehmen klagen über einen Mangel an Arbeitskräften. Die US-Wirtschaft ist im Sommer außerdem etwas stärker als erwartet gewachsen. US-Präsident Biden wertete dies als einen Beleg für die fortschreitende wirtschaftliche Erholung der USA und die Widerstandsfähigkeit der Menschen im Land. Die US-Wirtschaft war im ersten Halbjahr noch geschrumpft.

Bleibt die Zinspolitik weiterhin aggressiv?

Es ist nun die vorletzte Sitzung der Fed in diesem Jahr - im Dezember steht ein weiteres Treffen an. Einige Beobachter schließen auch nicht aus, dass die Fed dieses Mal nur eine Zinserhöhung von einem halben Punkt vornehmen wird. Ein solcher Schritt würde wohl eine Abkehr von der aggressiven Zinspolitik der Fed bedeuten. Expertinnen und Expertinnen halten dies aber für eher unwahrscheinlich - ebenso wie eine Anhebung des Leitzinses um einen ganzen Prozentpunkt.

„Die oberste Aufgabe der Fed sollte es sein, die steigenden Preise zu bremsen. Solange es keine zwingenden Beweise für eine Trendwende gibt, sollte die Fed hart bleiben“, schreibt die „Washington Post“. „Eine Rezession wäre nicht wünschenswert. Aber eine hohe Inflation ist eine größere Bedrohung, und sie ist bereits da.“ Sollten die Reallöhne wegen steigender Verbraucherpreise weiter sinken, träfe das Menschen mit niedrigem Einkommen am stärksten. Die Wirtschaft dürfe nicht in eine Inflationsspirale wie in den 1970er Jahren geraten, warnt die Zeitung.

© dpa-infocom, dpa:221101-99-347797/5

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