Bei Zahlungsproblemen früh die Bank informieren | FLZ.de

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Veröffentlicht am 21.06.2022 04:33

Bei Zahlungsproblemen früh die Bank informieren

Bei der Ratenzahlung unter Druck? Womöglich hilft es, an anderer Stelle den Rotstift anzusetzen. (Foto: Christin Klose/dpa-tmn)
Bei der Ratenzahlung unter Druck? Womöglich hilft es, an anderer Stelle den Rotstift anzusetzen. (Foto: Christin Klose/dpa-tmn)
Bei der Ratenzahlung unter Druck? Womöglich hilft es, an anderer Stelle den Rotstift anzusetzen. (Foto: Christin Klose/dpa-tmn)

Die Gründe, weswegen Eigenheimbesitzer ihre Kreditraten nicht mehr zahlen können, sind vielfältig. Die Lösung sieht aber immer gleich aus: Den Dialog mit der Bank suchen, um die Immobilie zu retten.

Oft hilft schon ein ehrlicher Kassensturz. „Bei den monatlichen Ausgaben gibt es häufig Reserven, die auf den ersten Blick gering erscheinen, aber am Ende helfen können, die Rate doch noch zu halten“, sagt Roland Stecher, Immobilienexperte bei der Verbraucherzentrale Bremen. Das können Streamingdienste, ungenutzte Mitgliedschaften in Vereinen oder teure Handyverträge sein. Wer darauf verzichtet, spart bares Geld, das er in die Immobilienfinanzierung stecken kann.

Reichen die eigenen Reserven nicht aus, um das Loch zu stopfen, ist der Kontakt zur Bank unumgänglich. Der sollte möglichst früh erfolgen, nicht erst, wenn die Rate nicht mehr gezahlt werden kann. „In den allermeisten Fällen findet sich ein Weg“, sagt Dirk Stein, Immobilienexperte beim Bundesverband deutscher Banken in Berlin.

Es ist zum Beispiel möglich, die Tilgungsrate zu reduzieren. Viele Bauherren tilgen wegen der bei Abschluss günstigen Zinsen laut Stein mit Raten zwischen drei und fünf Prozent. „Wenn man die Tilgungsraten zum Beispiel auf ein Prozent reduziert, bringt das schon eine spürbare Entlastung.“ Bei größeren Zahlungsausfällen könne die Tilgung sogar zeitweise vollständig ausgesetzt werden, dann müsse der Kunde nur die Zinsen zahlen.

Der Kunde hat zwar grundsätzlich kein Recht auf Tilgungsreduzierung oder -aussetzung, aber es lohnt sich, mit der Bank darüber zu verhandeln.

Überweist der Kunde seine Raten jedoch nicht, hat das ernste Folgen. „Wenn der Verbraucher mit mindestens zwei aufeinanderfolgenden Raten ganz oder auch nur teilweise im Verzug ist und der Zahlungsrückstand insgesamt mindestens 2,5 Prozent des Darlehensbetrages beträgt, hat die Bank das Recht, das Immobilien-Darlehen gesamtfällig zu stellen“, sagt Holger Freitag, Vertrauensanwalt des Verbands Privater Bauherren in Berlin.

„Sie kann also die gesamte ausstehende Summe auf einmal zur Zahlung verlangen.“ Um dem Verbraucher eine letzte Chance zu lassen, muss die Bank aber eine zweiwöchige Frist setzen. Und sie muss ihm ein Gespräch anbieten, wie die Kuh vom Eis zu holen sein könnte.

Gelingt es nicht, die weitere Finanzierung des Kredits auf die Beine zu stellen, muss sich der Bauherr wohl oder übel von seiner Immobilie verabschieden. „Das ist aber die absolute Ausnahme“, sagt Dirk Stein.

In solch einem Fall gilt es, möglichst die Zwangsvollstreckung der Immobilie zu vermeiden. „Weder die Bank noch der Kunde haben Interesse an einer Zwangsvollstreckung“, so Stein. Abgesehen vom niedrigen Erlös und den zusätzlichen Kosten für das Gerichtsverfahren bekommt der Kunde auch negative Schufa-Eintragungen. Wer einmal eine Zwangsvollstreckung durchlaufen hat, erhält so schnell nicht wieder einen Immobilienkredit, auch wenn sich seine Einkommensverhältnisse spürbar verbessern.

Um eine Zwangsvollstreckung zu vermeiden, kann man mit der Bank vereinbaren, die Immobilie selbst zu verkaufen. Auch hier ist Kooperation angesagt: „Die Bank ist beim freihändigen Verkauf immer mit im Boot, denn der Verbraucher kann das Grundstück nur mit der Grundschuld veräußern“, sagt Holger Freitag.

Kooperiert der Verbraucher aus Sicht der Bank nicht ausreichend, wird sie von ihrer Sicherheit Gebrauch machen und die Grundschuld verwerten. „Das läuft dann darauf hinaus, dass die Immobilie zwangsversteigert wird“, so der Rechtsanwalt. Das dauert unter Umständen länger und die Bank muss das Verfahren vorfinanzieren. „Auch deswegen ist die Zwangsversteigerung meist der letzte Schritt.“

© dpa-infocom, dpa:220620-99-730903/4

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