Barrierefreie Bahnhöfe: Umbau geht Betroffenen zu langsam | FLZ.de

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Veröffentlicht am 15.01.2023 08:26

Barrierefreie Bahnhöfe: Umbau geht Betroffenen zu langsam

Ein Rollstuhlfahrer-Schild prangt am Bahnsteig in Ansbach. (Foto: Daniel Löb/dpa/Archivbild)
Ein Rollstuhlfahrer-Schild prangt am Bahnsteig in Ansbach. (Foto: Daniel Löb/dpa/Archivbild)
Ein Rollstuhlfahrer-Schild prangt am Bahnsteig in Ansbach. (Foto: Daniel Löb/dpa/Archivbild)

Mehr als 500 barrierefreie Bahnhöfe und Haltepunkte in Bayern - das klingt erstmal gut. Doch damit ist erst die Hälfte der 1066 Bahnhöfe und Haltepunkte komplett stufenlos erreichbar. Im vergangenen Jahr wurden nach Angaben des bayerischen Verkehrsministeriums 14 Bahnhöfe im Freistaat entsprechend umgebaut, zum Beispiel der im mittelfränkischen Ansbach. In diesem Jahr sollen etwa 30 weitere fertiggestellt werden. Betroffenen geht das jedoch nicht schnell genug.

„Der Ausbau der Bahnhöfe und Haltepunkte ist insgesamt in Bayern sehr spät in Angriff genommen worden und geht weiterhin nur schleppend voran“, kritisiert die Landesvorsitzende des Sozialverbands VdK, Ulrike Mascher. Mehr als 1,93 Millionen Menschen mit Behinderungen leben nach VdK-Angaben in Bayern, das sind fast 15 Prozent der Bevölkerung (Stand: 2021). Und nicht nur die profitierten von Bahnhöfen mit Fahrstühlen, gut ausgeschilderten Wegen und modernen Toiletten, sagt sie. Ein barrierefreier Bahnhof biete allen Fahrgästen mehr Komfort.

An rechtlichen Grundlagen fehlt es der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland zufolge nicht für den barrierefreien Ausbau des Nah- und Fernverkehrs. Was fehle seien die finanziellen Mittel, deshalb gehe alles nur langsam voran, sagt der Sprecher des Vereins für Barrierefreiheit, Markus Ertl.

So kostete der barrierefreie Umbau des Ansbacher Bahnhofs und zugleich Ausbau zum ICE-Halt nach Angaben der Deutschen Bahn rund 27 Millionen Euro, das Geld dafür kam von Land und Bund. Die Deutsche Bahn ist für alle Bahnhöfe in Deutschland zuständig, deshalb ist nach Angaben des bayerischen Verkehrsministeriums auch der Bund für die Finanzierung verantwortlich. Bayern gab demnach im vergangenen Jahr 16 Millionen Euro dazu, um den barrierefreien Ausbau der Bahnhöfe und Haltepunkte zu unterstützen.

„Wegen der Kosten verweisen Deutsche Bahn und Staatsregierung oft wechselseitig aufeinander, was immer zu Verzögerungen führt“, sagt VdK-Expertin Mascher. Ein weiteres Problem seien die unterschiedlichen Bahnsteighöhen. „Leider passen die Zugtypen oft mit den Bahnsteigtypen nicht zusammen.“ Es sei länderübergreifend versäumt worden, einen gemeinsamen Standard zu schaffen, kritisiert sie.

Doch selbst wenn diese Probleme gelöst wären, wäre damit aus Ertls Sicht nicht alles gut. „Die Bahn ist nur für die Barrierefreiheit auf den Bahnhöfen zuständig“, sagt er. Doch wie sehe es mit den Wegen zum Taxi, Bus und zur Straßenbahn aus? Wenn der barrierefreie Ausbau am Bahnsteig ende, könnten die letzten Meter für Menschen mit Behinderung zum Hindernis werden, sagt er.

Welche der etwa 40.000 Bushaltestellen in Bayern barrierefrei erreichbar sind, kann das bayerische Verkehrsministerium aktuell nicht beantworten. Die Daten werden einer Sprecherin zufolge gerade erhoben und könnten im Laufe des Jahres vorliegen. Der Freistaat unterstütze die Kommunen beim Umbau der Busbahnhöfe und Haltestellen sowie die Busunternehmen bei der Anschaffung barrierefreier Linienbusse.

Auch im Schienennahverkehr verfügten viele Fahrzeuge über einen niedrigen und stufenfreien Einstieg. „Wenn die Bahnsteighöhe noch nicht angepasst ist, können Rollstuhlfahrer oftmals mittels der im Zug mitgeführten Einstiegshilfen zusteigen“, sagte die Ministeriumssprecherin. Diese seien in vielen Fahrzeugen neben barrierefreien Toiletten und Plätzen für Menschen im Rollstuhl vorhanden.

© dpa-infocom, dpa:230115-99-224572/2

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