Bayern läuft Sturm gegen Überlegungen in der EU zur Aufnahme neuer Schulden. Die Europäische Union brauche „nicht noch mehr Schulden, sondern Stabilität und Solidität“, sagte Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) der Deutschen Presse-Agentur in München. „Andernfalls werden die Fliehkräfte innerhalb der EU und insbesondere in der Eurozone immer weiter zunehmen“, warnte er.
Füracker zielte damit auf einen Vorstoß von EU-Ratspräsident Charles Michel, der „in die völlig falsche Richtung“ gehe. Michel hatte zuletzt vorgeschlagen, das Pandemie-Kurzarbeiterprogramm „Sure“ neu aufzulegen, um die unterschiedliche Finanzkraft der EU-Staaten auszugleichen. Dafür hatte die EU-Kommission mit Hilfe von Garantien der EU-Staaten Kredite am Finanzmarkt aufgenommen und sie an Staaten weitergereicht, die damit Kurzarbeiterprogramme finanzieren konnten.
„Wir müssen die industrielle Basis in Europa halten und stärken“, sagte Füracker als Reaktion auf Michels Vorstoß. „Dafür braucht es aber keine über Eurobonds finanzierte EU-Subventionsagenda, sondern eine breite Stärkung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.“
Der Corona-Fonds „Next Generation EU“ sei teuer genug und müsse eine absolute Ausnahme bleiben, sagte Füracker. Die verfassungsrechtlichen Hürden für weitere schuldenfinanzierte Fonds seien zu Recht sehr hoch. „Das EU-Parlament, allen voran die EVP-Fraktion, ist nun gefordert, endlich klar Position gegen eine immer tiefere EU-Schuldenunion zu setzen“, forderte Füracker. EVP-Partei- und Fraktionschef Manfred Weber ist ein CSU-Parteikollege Fürackers.
Füracker forderte Kanzler Olaf Scholz (SPD) und die Bundesregierung auf, der Europäischen Union in derartigen Fragen besonders auf die Finger zu schauen. Scholz habe, damals noch als Finanzminister, die Entscheidung für den EU-Corona-Fonds als Einstieg in die Fiskalunion gefeiert, sagte Füracker und kritisierte: „Das rächt sich jetzt, da bei jedem neuen Problem gleich nach einem neuen Schuldentopf gerufen wird.“ Dabei dürfe man nicht vergessen, dass Deutschland schon jetzt fast die Hälfte des Umverteilungsvolumens im EU-Haushalt trage.
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