Bei der Vergabe von Mobilfunkfrequenzen fordert der Chef der Telekommunikationsfirma 1&1, Ralph Dommermuth, einen Verzicht auf die bisher üblichen milliardenschweren staatlichen Auktionen. Es sollte eine „Industrielösung“ geben, bei der die vier Anbieter die Frequenzen auf dem Verhandlungsweg untereinander aufteilen. „Ich investiere das Geld auch lieber ins Netz, anstatt es für Frequenzen auszugeben“, sagte Dommermuth der dpa in Montabaur. „Unter Aufsicht der Bundesnetzagentur sollten sich die vier Netzbetreiber auf eine faire Verteilung einigen.“ Es geht ihm um niedrige Frequenzen - im 700, 800 und 900 Megahertz-Bereich -, die eine große Reichweite haben und für die Versorgung auf dem Land wichtig sind.
Anfang 2026 wird Spektrum frei, das bisher von der Telekom, Vodafone und Telefónica (O2) genutzt wird. Künftig gibt es aber nicht nur drei, sondern vier Mobilfunk-Netzbetreiber in Deutschland. Denn im Sommer 2023 will 1&1 sein neues eigenes Netz für Handy-Kunden freischalten. Das Netz funkt künftig in höheren Frequenzen (2,1 und 3,5 Gigahertz), deren Nutzungsrechte die Bundesnetzagentur 2019 versteigert hat und die vor allem für Städte mit einem hohen Datenbedarf geeignet sind. Damals nahm der Staat 6,5 Milliarden Euro von den vier Bietern ein. Ein Verzicht auf eine erneute Auktion wäre auch ein Verzicht auf hohe Staatseinnahmen.
Bei der anstehenden Vergabe geht es um für die Flächenabdeckung wichtige „Lowband“-Frequenzen. Ob es wieder eine Versteigerung gibt, eine Vergabe gegen Gebühren oder einen ganz anderen Weg, hat die Bundesnetzagentur noch nicht entschieden.
Dommermuth bringt nun eine weitere Möglichkeit in die Diskussion ein. Der Manager betont aber, dass es im Falle eines Scheiterns der Branchengespräche doch wieder eine Versteigerung geben sollte. „Die Auktion hat sich in der Vergangenheit als probater Weg erwiesen, um ein knappes Gut zu verteilen.“
Mit Blick auf die Frequenzen sind zwar auch die Platzhirsche Telekom, Vodafone und O2 gegen eine Auktion. Allerdings unterscheidet sich ihre Haltung in anderen Aspekten fundamental von der des Neueinsteigers 1&1. Ihnen wäre es am liebsten, wenn die jetzigen Nutzungsrechte einfach verlängert würden. Das aber sieht Dommermuth kritisch. „Damit würde 1&1 offensichtlich diskriminiert werden, das wäre mit deutschem Recht und mit EU-Recht nicht vereinbar“, sagt er.
In den Reihen der alteingesessenen Netzbetreiber wird argumentiert, dass 1&1 ohnehin noch Mieter bei Telefónica sei - der Neueinsteiger hätte indirekt also weiter Zugriff auf die Flächenfrequenzen. Das lehnt Dommermuth aber ab. Wie jeder andere Netzbetreiber brauche auch 1&1 unbedingt „Lowband“-Frequenzen. „Das ist das Puzzleteil, was uns noch fehlt“, sagt er. „Wir können den Vorschlag aber natürlich gern umdrehen: 1&1 bekommt Frequenzen und eine der drei anderen Firmen wird Mieter bei uns.“
Das Argument, dass es zwar genug Spektrum gebe für drei Parteien, aber zu wenig für vier Parteien, lässt Dommermuth nicht gelten. „In allen großen europäischen Ländern gibt es vier Netze, auch dort gibt es exakt die gleichen Frequenzen wie in Deutschland.“ In Frankreich zum Beispiel habe es keine Auktion, sondern eine Industrielösung gegeben, bei der das Spektrum geviertelt und dann vergeben worden sei. Das zeige, dass das funktionieren würde.
Bisher ist 1&1 als sogenannter MVNO am Mobilfunkmarkt tätig, als „Mobile Virtual Network Operator“ ist die Firma gewissermaßen Mieter bei O2 und Vodafone, 1&1-Mobilfunkkunden werden mit diesen beiden Netzen verbunden. Im dritten Quartal 2023 soll das eigene Mobilfunknetz für Neukunden freigeschaltet werden, danach sollen die derzeit 11,4 Millionen Bestandskunden binnen zwei Jahren schrittweise auf das eigene Netz umgezogen werden. Wo noch keine 1&1-Antennen funken - und das wird in der Anfangsphase auf dem Großteil von Deutschlands Fläche sein - gilt ein „National Roaming“-Vertrag, der eine automatische Verbindung mit dem O2-Netz ermöglicht.
Der Ausbau des Netzes kommt nach den Worten von Dommermuth gut voran. In Karlsruhe, Mainz und Frankfurt laufen erste Tests mit einigen Kunden, die Mobilfunk als Ersatz für einen DSL-Anschluss nutzen. Im Download werde ein Speed von mehr als einem Gigabit erreicht und bei der Latenz - der Reaktionszeit - Werte von nur drei Millisekunden. „Wir müssen noch weiter skalieren und testen, aber es sieht schon heute sehr gut aus“, sagt Dommermuth. Bis Ende 2030 muss das 5G-Netz von 1&1 mindestens 50 Prozent der deutschen Haushalte erreichen, so sehen es Auflagen der Netzagentur vor. „Wir werden diese Zielmarke vermutlich schon wesentlich früher schaffen“, sagt Dommermuth.
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