Ihre Wege haben sich am 5. Dezember zufällig gekreuzt, eine 14-Jährige überlebt das nicht, ihre Freundin wird schwer verletzt: Der Messerangriff im baden-württembergischen Illerkirchberg sorgte bundesweit für Schlagzeilen, am Freitag (10 Uhr) beginnt der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter vor dem Landgericht Ulm. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 27 Jahre alten Flüchtling aus Eritrea Mord und versuchten Mord mit gefährlicher Körperverletzung vor.
Der Staatsanwaltschaft zufolge wollte der Mann am Tattag mit einem Messer beim Landratsamt Ausweispapiere erzwingen. Als er sein Haus verließ, sind die beiden Mädchen demnach daran vorbeigelaufen. Sie waren auf dem Weg zur Schule. Der Angeklagte soll angenommen haben, dass sie das Messer gesehen hatten. Daraufhin habe er spontan beschlossen, die Schülerinnen zu töten. So habe er verhindern wollen, dass die beiden die Polizei rufen und seinen Plan durchkreuzen.
„Das Unerträgliche daran ist einfach dieses Zufällige: zur falschen Zeit am falschen Ort“, sagt Illerkirchbergs Bürgermeister Markus Häußler (parteilos). Die Gemeinde im Alb-Donau-Kreis mit rund 5000 Einwohnern kommt auch rund sechs Monate nach der Tat nicht zur Ruhe.
„In so einer Zeit reagieren zu müssen, die negativen Auswirkungen so gering wie möglich zu halten - das war sehr intensiv“, sagt Häußler. Man habe nach der Tat viel Aufklärungsarbeit zur allgemeinen Sicherheitslage gemacht, über Ängste geredet und sie ernst genommen. Auch ein Selbstschutzseminar sei bezuschusst worden. „Wir arbeiten immer noch auf“, betont der 37-Jährige.
Das Verbrechen geschah vor einer Flüchtlingsunterkunft. Inzwischen ist sie abgerissen worden, dafür hatte sich der Vater der Getöteten ausgesprochen. Wie der Platz gestaltet werde, darum kümmerten sich die Bürgerschaft und der Gemeinderat, erklärt Häußler. Übergangsweise werde eine Wiese gesät. „Perspektivisch soll dort etwas Schönes entstehen.“
© dpa-infocom, dpa:230601-99-908198/4