„Mit den amerikanischen Familien ist es sehr entspannt“, findet Anke Brettschneider, Leiterin des Kinderbildungszentrums (KiBiZ) in Sachsen. Seit vergangenem Jahr werden dort auch vermehrt Kinder von in der Region stationierten US-Soldaten betreut.
Den Anstoß dazu habe ursprünglich eine Kita-Mutter gegeben, die selbst im KiBiZ gearbeitet habe und mit einem Amerikaner verheiratet sei, erzählt Brettschneider. Offenbar brachte sie auch andere Familien auf die Idee, ihre Sprösslinge in einer deutschen Kita anzumelden.
„Ich habe jede Woche drei bis vier Anfragen“, freut sie sich. Oft sind sogar beide Elternteile US-Amerikaner, und häufig melden die Soldaten ihre Kinder schon vor dem Umzug nach Deutschland an. „Leider können wir nicht alle nehmen“, bedauert die Erzieherin.
Bei der Platzvergabe werden Sachsener Kinder vorrangig berücksichtigt. Trotzdem werden auch 50 Gastkinder betreut, unter anderem aus Lichtenau, Petersaurach oder Ansbach. 26 Kinder kommen aus amerikanischen Familien, davon besuchen zehn die Krippe, die restlichen den Kindergarten. In Letzterem gibt es noch Rest-Plätze, „die Krippe ist komplett voll und der Hort auch“.
In Amerika erfolgt die Betreuung von Kleinkindern in mehreren Stufen, wie Gerlinde Hoyle, Pressesprecherin der US-Armee, erklärt. Die Zwei- bis Fünfjährigen besuchen die „preschool“, die Fünf- bis Sechsjährigen den „kindergarten“. Die Bezeichnung dafür wurde aus dem Deutschen übernommen. „Die Krippe gibt’s natürlich auch“, ergänzt sie.
Auch in der US-Kaserne in Katterbach wird Kinderbetreuung angeboten. „Es gibt etliche Eltern, die beide Soldaten sind. Dann ist die Krippe innerhalb der Kaserne ganz wichtig. Das Militär ist verpflichtet, Plätze zur Verfügung zu stellen.“
Die Einrichtungen auf dem Kasernengelände zu nutzen, ist jedoch nicht vorgeschrieben. Und so entscheiden sich auch immer mehr Familien, die direkt in der Kaserne leben, bewusst für eine deutsche Kindertagesstätte außerhalb. Viele Eltern möchten, dass ihre Kinder die deutsche Sprache lernen, begründet Hoyle. Auch, dass der Nachwuchs „Europa im Gesamten“ erlebt, also die Kultur kennenlernt. „Die Aufgeschlossenheit hat sehr zugenommen“ in den vergangenen 20 Jahren.
Ganz begeistert seien die amerikanischen Familien, dass im Elternbeitrag ein Mittagessen enthalten sei, verrät Brettschneider. Dieses wird im KiBiZ täglich frisch zubereitet. Und trifft offenbar den Geschmack der amerikanischen Buben und Mädchen. „Wir haben ein Kind in der Einrichtung, das nur nach Hause geht, wenn die Mama eine deutsche Bratwurst mitbringt. Sonst will es dableiben.“ Manchmal geht das Verspeisen der typisch deutschen Gerichte aber mit Herausforderungen einher. „Wir hatten zum Beispiel Kloß mit Soß’, und einige wussten nicht, wie sie starten sollen“, erinnert sich Brettschneider lachend. Wie soll man dieses runde Ding essen?
Viele amerikanische Eltern wollen morgens den Speiseplan lesen. Um es ihnen zu erleichtern, hat man sich seitens des KiBiZ-Teams auch schon an einer Übersetzung versucht, musste bei einigen Gerichten aber passen: „Man kann manches Essen einfach nicht übersetzen“, meint Brettschneider. „Wie übersetzt man ein Schäufele? Da kommt vielleicht eine Schaufel heraus.“
Aber zumindest gibt es die Anmeldebögen für das KiBiZ mittlerweile in Englisch, und zur Not hilft auch die Kita-Info-App auf dem Handy, die eine integrierte Übersetzungsfunktion hat. Der häufige Kontakt mit den englischsprachigen Eltern verbessert fast automatisch auch die Sprachkompetenz der Erzieherinnen. „Der Wortschatz erweitert sich wieder“, stellt Brettschneider erfreut fest. Mit den Kindern sprechen die Erzieherinnen anfangs Englisch, aber nach wenigen Wochen fließen auch deutsche Wörter in die Kommunikation ein. „Einer hat ,Kloß mit Soß’ geübt, bis er es aussprechen konnte.“
Viele Wörter werden von den Spielkameraden übernommen, oft im fränkischen Dialekt – und überhaupt spielt die Sprache beim Spielen eine untergeordnete Rolle. Da reichen zur Not auch Hände und Füße.
Zur typisch amerikanischen Betreuung gibt es Unterschiede, wie Anke Brettschneider auch früher in einer anderen Einrichtung bemerkt hat. Bei den Amerikanern liege der Fokus bereits im Kindergartenalter stark auf dem Erlernen von Buchstaben und Zahlen. „Da hatte ich immer das Gefühl, es ist ganz, ganz wichtig, dass sie die Buchstaben schon können.“ In deutschen Kindergärten läuft das „eher spielerisch“. Die Buben und Mädchen lernen zwar, ihren Namen zu schreiben, „aber sie wissen noch nicht, wie jeder Buchstabe heißt“. Stattdessen steht beim Vorschulunterricht im KiBiZ auch mal ein Waldspaziergang auf dem Programm.
Sechs bis acht Wochen dauert die Eingewöhnung in der Krippe, bei der sich die Eltern etappenweise immer mehr zurückziehen. Leicht amüsiert registriert Anke Brettschneider, wie es auch bei amerikanischen Familien mehr und mehr zur Selbstverständlichkeit wird, dass auch Väter die Eingewöhnung übernehmen. „Außen haben wir eine Sitzgelegenheit. Neulich hab’ ich gesehen, dass sich da amerikanische Papas niedergelassen und darüber unterhalten haben, wo ihr Kind ist.“